Früher spielten Kinder mit Bauklötzen, heute bauen sie ihre Karriere. Möglichst früh, möglichst effizient. Mit drei die erste Fremdsprache, mit sechs das erste Turnier, mit zehn den ersten Nervenzusammenbruch. Willkommen in der schönen neuen Welt des Leistungswahns.
Eltern optimieren ihre Kinder wie Start-ups. Freizeit? Zeitverschwendung. Alles ist genau durchgetaktet. Geige üben, Mandarin-Vokabeln pauken, Mathe-Olympiade gewinnen – und bloß nicht das Tennistraining vergessen! Das eigene Kind wird zum Projekt. Es gilt: Erfolg ist planbar – früh übt sich, wer was werden will! Dass ein Kind in diesem Zusammenhang auch mal scheitern darf, keine Lust hat oder – Gott bewahre – Langeweile erlebt? Undenkbar.
Die Folgen dieses Leistungsdruck: Jugendliche, die mit 15 schon so ausgebrannt sind, dass sie „Entschleunigung“ als Hobby angeben. Psychologen schlagen Alarm, aber solange sich Perfektionismus noch als „Disziplin“ verkaufen lässt, gibt es keinen Grund zur Panik, oder?
Der jüngste Skandal im Deutschen Turnverein zeigt, was passiert, wenn Kinder zu funktionierenden Maschinen gemacht werden. Drill, Druck, Demütigung – Hauptsache Goldmedaille. Dass dabei junge Athleten psychisch und physisch zugrunde gehen ist ein Kollateralschaden, der von den „Machern“ gerne in Kauf genommen wird.
Als Erwachsene sollten wir die Reißleine ziehen und Kinder, Kinder sein lassen. Sie brauchen keine To-do-Listen, sondern Freiräume. Zeit zum Träumen, zum Spielen, zum Fehlermachen. Langeweile ist kein Feind, sondern ein Motor für Kreativität. Statt ständigem Fordern sollten wir ihnen Selbstvertrauen mitgeben – nicht durch Leistung, sondern durch die Erfahrung, dass sie auch ohne Erfolge wertvoll sind. Denn mal ehrlich, was bringt die brillanteste Zukunft, wenn die Gegenwart aus Stress, Angst und Erschöpfung besteht?!