Kunst ist längst nicht mehr nur zum Anschauen da – sie will erlebt, gefühlt und sogar mitgestaltet werden. Sie ist zu einer interaktiven Welt geworden, die völlig neue Wege der Wahrnehmung und Interpretation eröffnet. Der Betrachter steht jetzt im Mittelpunkt des Kunstwerks. Er ist aktiver Teil des kreativen Prozesses. Möglich wird dies vor allem durch die Fortschritte bei KI. Sie verändert die Art und Weise, wie Kunst wahrgenommen wird. Doch bringt diese Entwicklung tatsächlich Kunst im eigentlichen Sinne hervor? Wie weit kann und sollte KI ein Handwerk prägen, das immer Ausdruck schöpferischer Kreativität war?

Kunst zum Mitmachen: KI macht den Betrachter zum Teil des Werks. (Bildquelle: Elliott Brown/Flickr)
Kunst oder nur automatische (Re-)produktion?
Während echte Kunst von Emotionen, persönlicher Handschrift und der Intention des Künstlers lebt, folgt KI einem ganz anderen Prinzip: Sie analysiert Muster, imitiert Techniken und kombiniert bereits Bestehendes neu. Besonders in interaktiven Ausstellungen zeigt sich dies deutlich: Hier verschmelzen digitale Technologien und klassische Kunstformen zu etwas völlig Neuem. Besucher tauchen dank Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR) und beeindruckenden Projektionen in eine multisensorische Welt ein, die nicht nur visuelle Eindrücke bietet, sondern auch auf Hören, Fühlen und sogar den Geruchssinn setzt.
Statt still vor einem Werk zu stehen, können Dinge berührt, vergrößert oder verändert werden. Der Raum selbst – inklusive der Betrachter – wird so zum Kunstwerk. Diese neue Art von Kunst fordert heraus, Sinne und Geist auf kreative Weise zu stimulieren. Und ist es nicht das, was Kunst tun sollte? Stimulieren? Über das Bekannte hinausdenken? Brücken schlagen, wo vorher keine Verbindung bestand?
Ein Beispiel: Die „Van Gogh Alive“-Ausstellung
Vincent van Gogh, bekannt für seine expressiven Pinselstriche, leuchtenden Farben und tiefen Emotionen, schuf Werke, die bis heute faszinieren – aber nicht für alle greifbar sind. Die Komplexität seiner Technik, seine einzigartigen Farbkombinationen und die emotionale Tiefe seiner Arbeiten sind für viele Betrachter schwer nachvollziehbar. KI bringt diese Werke in der „Van Gogh Alive“-Ausstellung in eine Form, die für ein breiteres Publikum zugänglich wird. Durch den Einsatz modernster digitaler Technologien und interaktiver Elemente werden van Goghs Gemälde lebendig. Die Techniken und Beweggründe hinter seinen Werken werden erlebbar. KI erleichtert demnach den Zugang zu seiner Kunst und fördert das Verständnis für seine Intentionen. Doch hätte KI auch Ursprung sein können? Schließlich ist eine Sache Kunst zu optimieren, eine andere Kunst zu schaffen!
In „Van Gogh Alive“ wird Kunst fühlbar – ein Eintauchen in Farbe, Licht und Leben. (Bildquelle: Elliott Brown; Kristina D.C. Hoeppner/Flickr; Przemek P)
Das Kunstverständnis
Bleiben wir beim Beispiel von Vincent van Gogh: Hätte KI Werke wie Sternennacht oder Die Sonnenblumen schaffen können, die auf der einzigartigen Erfahrung van Goghs beruhen? KI kann sicherlich Werke erschaffen, die ähnliche visuelle Merkmale wie van Goghs Gemälde aufweisen – lebendige Farben, wirbelnde Pinselstriche und intensive Emotionen. Doch sie kann nicht, die tiefe menschliche Erfahrung, die hinter diesen Werken steht, reproduzieren. Van Gogh malte nicht nur, um Bilder zu schaffen, sondern um seine inneren Kämpfe, seine Einsamkeit, seine Sehnsüchte und seine Wahrnehmung der Welt auszudrücken. Diese persönlichen Erlebnisse und die daraus resultierende emotionale Intensität in seinen Arbeiten sind das, was seine Kunst so einzigartig macht. Kunst ist nicht nur das Ergebnis einer Kombination aus Technik, Materialien und Farben, sondern auch eine Manifestation des menschlichen Geistes und der persönlichen Geschichte des Künstlers.
Kunst in Processing..
KI kann die Kunst bereichern, zugänglicher machen und eine technische Unterstützung bieten, dennoch bleibt Kunst im Kern eine menschliche Ausdrucksform – Spiegel von individuellen Erfahrungen, persönlichen Emotionen und gelebter Kultur. KI kann diese Aspekte nicht ersetzen. Es dient lediglich als Werkzeug, das den kreativen Prozess um neue Möglichkeiten erweitert.
Wer einmal in die Welt von van Gogh eintauchen möchte, kann „Van Gogh Alive“ noch in Hannover besuchen, vom 12. November 2025 bis zum 1. März 2026.




