Kreativ, voller Energie und mit einem scharfen Blick für Details – so lässt sich Elisabeth Gecius beschreiben. Die Künstlerin hat sich auf ein in Deutschland noch seltenes Genre spezialisiert: die Eventmalerei. Mit Pinsel und Farbe hält sie besondere Momente auf Hochzeiten und Events live vor Ort auf der Leinwand fest. Wie sie dazu kam, welche Herausforderungen sie meistert und warum sie sich ein Leben ohne Kunst nicht mehr vorstellen kann, erzählt sie im Interview.

Jeder Pinselstrich sitzt: Elisabeth Gecius beim Malen während eines Events. (Credit: Bensch Moments Fotografie)

Wie hat alles angefangen? Wie bist du zur Eventmalerei gekommen?

Das ist eine spannende Geschichte! In Deutschland ist die Eventmalerei noch kaum verbreitet, aber in den USA ist sie schon seit Jahren ein großer Trend. 2018 war ich dort unterwegs, um einige meiner Lieblingskünstler zu treffen. Während meiner Reise habe ich dann mitbekommen, dass es dort Eventmaler gibt. Ich hatte vorher schon davon gehört, aber erst durch ein Gespräch mit einer Hochzeitsplanerin wurde mir bewusst, wie viel Potenzial dahintersteckt. Zurück in Deutschland habe ich beschlossen, es einfach auszuprobieren. Ich habe einen Etsy-Shop eröffnet, um meine Dienstleistungen anzubieten, und es lief sofort an! Die ersten Aufträge kamen schnell, sodass ich bald darauf auch eine eigene Webseite erstellt habe. Auch das funktionierte sofort – ich musste kaum Werbung machen, denn die Nachfrage war von Anfang an da. 

Ich stelle mir das sehr herausfordernd vor: Ein Kunstwerk braucht normalerweise viel Zeit. Doch auf einem Event bleibt dir nicht viel davon – die Menschen bewegen sich, die Szenerie verändert sich ständig. Wie gehst du damit um?

Das ist tatsächlich eine Herausforderung! Aber ich habe dafür einen bewährten Ablauf entwickelt: Ich beginne damit, die Location live zu malen, so wie ich sie wahrnehme. Dann mache ich während des Events zahlreiche Fotos – das Brautpaar kann entscheiden, welchen Moment es verewigt haben möchte. Das kann der Hochzeitstanz sein, das Ja-Wort oder der Auszug aus der Kirche. Ich wähle einige Favoriten aus und bespreche sie mit dem Paar. Sobald die Entscheidung getroffen ist, male ich das Brautpaar anhand des gewählten Fotos in das bereits vorbereitete Bild hinein. Dadurch stelle ich sicher, dass ich nicht von der Dynamik des Moments überwältigt werde und ein harmonisches Kunstwerk entsteht.

Kunst ist ja oft eine sehr subjektive Angelegenheit. Was passiert, wenn ein Kunde mit einem bestimmten Detail nicht zufrieden ist oder sich im Bild anders sehen möchte?

Gerade in der Auftragsmalerei ist es wichtig, die Kundenwünsche genau zu verstehen und umzusetzen. Manche Menschen möchten sich ein wenig vorteilhafter dargestellt wissen – eine etwas schmalere Taille oder eine weniger ausgeprägte Geheimratsecke. Ich habe mit der Zeit gelernt, wie ich solche kleinen Anpassungen dezent vornehmen kann, ohne dass es unnatürlich wirkt. In meinen Bildern versuche ich immer, die besten Seiten der Menschen hervorzuheben. Und am Ende bekommen die Kunden noch einmal die Möglichkeit, kleine Änderungswünsche zu äußern, bevor das Bild final ist. 

Du hast ja gesagt, dass du auf Events in ganz Europa unterwegs bist. Gibt es dabei Unterschiede in der Nachfrage oder in den Wünschen der Kunden?

Interessanterweise nicht wirklich! Ich hatte bisher nur wenige internationale Paare, aber insgesamt sehe ich kaum Unterschiede. Es gibt keinen spezifischen Stil, der beispielsweise in Frankreich oder Deutschland bevorzugt wird. Vielmehr unterscheidet sich jeder Künstler in seiner Herangehensweise und seinem Stil, und Kunden suchen sich den Künstler aus, dessen Handschrift ihnen am besten gefällt.

Viele Menschen betrachten Kunst als eine Berufung, aber nicht unbedingt als einen Beruf, mit dem man seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Was sagst Du dazu?

Das Image des brotlosen Künstlers ist leider immer noch sehr verbreitet. Viele bekommen schon früh gesagt: „Davon kann man nicht leben!“ und entscheiden sich daher für einen „sicheren“ Beruf. Das war auch bei mir so – ich habe 20 Jahre im Büro gearbeitet, bevor ich mich entschloss, es mit der Kunst zu versuchen. Die Unsicherheit war groß, aber ich habe es nie bereut. Für mich ist Kunst ein Handwerk – natürlich spielt Talent eine Rolle, aber das ist in vielen Berufen so. Ich sehe mich als Dienstleisterin, die ihre Kunden glücklich machen möchte. Dabei versuche ich, eine Balance zu finden: Ich male, was mir gefällt, aber gleichzeitig gehe ich auf die Wünsche der Kunden ein. Das ist wahrscheinlich auch ein Schlüssel zum Erfolg – es geht nicht nur um künstlerische Selbstverwirklichung, sondern auch um Kundenzufriedenheit. Und ja, ich kann davon leben! Mein BWL-Studium hat mir sicherlich geholfen, mein Geschäft wirtschaftlich klug aufzubauen.

Hättest du im Rückblick früher mit der Kunst beginnen sollen?

Ich bereue nichts, denn zu der Zeit wusste ich es einfach nicht besser. Und vielleicht wäre es früher gar nicht so möglich gewesen, denn Eventmalerei ist erst in den letzten Jahren populär geworden. Aber jetzt, wo ich diesen Weg eingeschlagen habe, bin ich sehr glücklich damit!

Was macht deine Arbeit besonders? Wie setzt du dich von anderen Künstlern ab?

Es gibt in Deutschland nur sehr wenige Hochzeitsmaler, und die Nachfrage ist enorm. Ich muss mich daher gar nicht groß von anderen abheben – wir sind alle gut ausgelastet. Letztendlich entscheidet der Stil: Jeder Künstler hat seine eigene Handschrift, und Kunden wählen denjenigen, der sie am meisten anspricht.

Hast du in der Kunstszene jemals erlebt, dass Frauen benachteiligt sind?

Ich habe früher eigene Bilder ausgestellt und verkauft, aber das war sehr schwierig. Ob das nun an meinem Geschlecht lag, kann ich nicht sagen. Generell habe ich jedoch das Gefühl, dass in der Kunstszene eine Art Mittelstand fehlt – entweder man ist ein gefeierter Galeriekünstler oder man kommt nur schwer über die Runden. Gerade in der freien Kunst ist es schwierig, sich finanziell stabil aufzustellen. Viele Künstler arbeiten nebenbei in anderen Berufen.

Könnte die Eventmalerei diesen fehlenden „Mittelstand“ in der Kunstszene ausgleichen?

Ja, das glaube ich schon! Denn ich spreche mit meiner Arbeit nicht klassische Kunstinvestoren an, sondern Menschen, die sich ein individuelles Erinnerungsstück an einen besonderen Moment wünschen. Dadurch ist es einfacher, eine stabile Einkommensquelle zu haben, als wenn man sich nur auf Galerien oder den Kunstmarkt verlässt.

Bist du auch außerhalb deiner Arbeit künstlerisch aktiv?

Ja, absolut! Ich treffe mich oft mit anderen Künstlern zum gemeinsamen Malen in Cafés oder in der Natur. Außerdem nehme ich regelmäßig an Malkursen teil – man kann ja immer noch etwas dazulernen!

Die Autorin

Judith Lorenzon
Judith LorenzonRedakteurin